Das Baugrundgutachten

Gerade Käufer von Schlüsselfertighäusern, so der Verband Privater Bauherren (VPB), vertrauen oft leichtgläubig dem beauftragten Bauunternehmen und hoffen, er werde sich um Dinge wie Aushub und Bebaubarkeit des Bodens schon kümmern – und alles sei im Komplettpreis eingeschlossen. Dies ist aber in aller Regel nicht der Fall: Im Schlüsselfertig-Preis enthalten ist grundsätzlich immer nur, was vorher auch vertraglich vereinbart wurde. Alles andere, jede unvorhergesehene Zusatzleistung, kostet extra. Und das sogenannte Baugrundrisiko wird ganz überwiegend auf den Bauherren abgeladen. Daran hat auch das am 1.1.2018 in Kraft getretene Bauvertragsrecht nichts geändert. Seither müssen Baufirmen, die privaten Bauherren ein Schlüsselfertighaus anbieten, den Interessenten vor Vertragsabschluss eine Baubeschreibung aushändigen. In dieser müssen nicht nur Angebot und Kosten aufgelistet werden, sondern auch die sogenannten Kostenrisiken. Das sind Probleme, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar sind, aber während der Planungs- und Bauphase auftreten können und dann zu Mehrkosten führen. Ein klassisches Kostenrisiko ist beispielsweise der Baugrund. Nur selten ist bei Vertragsabschluss schon bekannt, wie der Baugrund aussieht. Klarheit bringt erst die Baugrunduntersuchung. Sobald klar ist, worauf gebaut wird, kann der Unternehmer seriös kalkulieren, was Aushub, eventuelle Bodensanierung und Kellerkonstruktion tatsächlich kosten. Bis dahin bleibt der Baugrund ein Kostenrisiko. Bauherren müssen das wissen. Und sie müssen auch wissen, was im schlimmsten Fall an Zusatzkosten auf sie zukommen könnte. Bei der Einschätzung möglicher Extrakosten unterstützt der VPB-Berater die Bauherren. Der unabhängige Experte kennt auch technische Alternativen, wenn beispielsweise der geplante konventionelle Keller für den Standort ungeeignet ist.

Baugrund vor Vertragsunterzeichung prüfen

Die Untersuchung der Boden- und Bodenwasserverhältnisse möglichst früh – und im Regelfall vor Vertragsunterzeichnung – ist also unentbehrlich, um zu prüfen, wie der Baugrund auf dem eigenen Grundstück tatsächlich beschaffen ist, ob Bodenfeuchte oder drückendes Grundwasser, Fels oder nicht tragfähiger Boden vorhanden sind, oder gar mit Altlasten aus der gegebenenfalls vorher vorhandenen Nutzung gerechnet werden muss. Besonders aufmerksam sollten Grundstückskäufer sein, falls in dem Baugebiet vorher Gewerbebetriebe standen. Hier bringt ein Blick in das Umweltkataster der Kommune Klarheit. Zu den häufigen Baugrundproblemen gehört sogenanntes „drückendes Wasser“. Dabei kann es sich um aufstauendes Sickerwasser oder auch einen hohen Grundwasserspiegel handeln. Diese Besonderheiten müssen bei der Planung und Abdichtung des Kellers zugrunde gelegt werden. Dazu liefert das Baugrundgutachten wichtige Vorgaben, wie etwa langjährig ermittelte Höchstwasserstände und Werte zur Wasserdurchlässigkeit für die angetroffenen Bodenarten, die maßgeblich für die Möglichkeiten zur Ableitung von Regenwasser, Wasser aus Dränagen oder aus Lichtschächten sind. Gerade bei Bauplätzen in Flussauen oder in Feuchtgebieten kann es dazu kommen, dass der Wasserstand in der Baugrube für die Bauzeit abgesenkt werden muss, mahnen die VPB-Bausachverständigen. Das muss mit den Daten aus dem Baugrundgutachten bei der zuständigen Wasserbehörde beantragt werden. Die Genehmigung wird mit Auflagen verbunden. Eine übliche Auflage ist dabei, dass für benachbarte Gebäude Beweissicherungen durchgeführt werden müssen, damit es später nicht zu ungerechtfertigten Klagen und Schadenersatzforderungen gegen die Bauherren kommt. Dabei kann der VPB-Berater behilflich sein (www.vpb.de). Werden diese Dinge nicht frühzeitig aufgeklärt und im Kostenplan der Bauherren berücksichtigt, kann es zu sehr unangenehmen Überraschungen kommen. Rechtzeitig informiert können die Bauherren diese Dinge aber schon bei der Planung des Neubaus oder der Auswahl des Haustyps berücksichtigen. Eventuell verzichten sie dann sogar ganz auf einen Keller und sparen Extrakosten.

Ist ein Keller trotz nassem Baugrund möglich?

Soll trotz nassem Baugrund ein Keller gebaut werden, raten die VPB-Fachleute zum Bau einer „Weißen Wanne“. Dabei handelt es sich um eine Kellerkonstruktion aus wasserdichtem Beton und eine entsprechende Bewehrung. Diese bautechnisch aufwändige Lösung hat natürlich ihren Preis. Da der Bauvertrag in der Regel nur den Gegenwert eines konventionellen Kellers abdeckt, müssen die Mehrkosten der „Weißen Wanne“ von den Bauherren bezahlt werden. Ist der Baugrund nicht sehr tragfähig, so müssen zur Gründung besondere Maßnahmen vorgesehen werden, die natürlich auch extra kosten. Das selbe gilt natürlich auch für Böden, die nur schwer und aufwändig zu bearbeiten sind, wie steinige oder fließende Böden oder gar Fels. Auch hier droht eine weitere Kostenfalle.

Erdarbeiten, Aushub und Abtransport verursachen Kosten

Auch Erdarbeiten werden in den Baubeschreibungen häufig nicht so konkret angesprochen, wie nötig. Mehrere hundert Kubikmeter Erdreich können aber beispielsweise nicht auf den heute üblichen kleinen Grundstücken gelagert oder gar später verteilt werden. Der Bauunternehmer weiß, dass der Aushub vor Baubeginn abgefahren werden muss. Weil der Abtransport des Aushubs im Vertrag nicht erwähnt ist, zahlt der Käufer das notgedrungen extra. Unter Umständen kann nicht einmal das nötige Verfüllmaterial für die Baugrube des Kellers zwischengelagert werden. Dann muss später wieder geeigneter Boden angeliefert werden. Auch das verursacht Kosten.

Bei alten Brachen als Wohngebiet ist Vorsicht geboten

Stadtnahes Wohnen ist beliebt. Überall verlegen Kommunen ihre Gewerbegebiete an den Stadtrand und erschließen die alten Brachen als Wohngebiete. Auch dort, warnt der VPB, ist Vorsicht am Platz, denn im gebrauchten Boden schlummert manche Zeitbombe. Ist der Boden durch Schwermetalle oder andere Gifte verseucht, dann muss er saniert und ausgetauscht, der Aushub umweltfreundlich entsorgt werden. Die Kosten können enorm sein. Deshalb ist es auch hier für die Kostenplanung der Bauherren unerlässlich, die tatsächlichen Verhältnisse zu kennen – und das schon vor Erwerb des Grundstücks! Wichtig: Der VPB rät dazu, mindestens eine Baugrunduntersuchung bereits vor Erwerb eines Grundstücks durchführen zu lassen. Sind die Bodenverhältnisse be­denklich, so muss anschließend ein Gutachten erstellt werden. Im Gutachten sind Maßnahmen zum weiteren Vorgehen zu machen. Dies kann erforderlich werden, um eine sichere Gründung zu gewährleisten.

„Ist das Grundstück noch nicht gekauft, kann man vom Kauf zurücktreten. Man hat dann zwar die Kosten für die Baugrunduntersuchung verloren, hat aber häufig Zusatzkosten im vier bis fünfstelligen Bereich eingespart! Ein weiterer Grund vom Kauf zurückzutreten ergibt sich wenn der Untergrund verunreinigt ist“ erklärt Dipl.-Geologe Armin Veith (www.geologie-veith.de). Ist das Grundstück bereits vorhanden, sollte das Gutachten in jedem Fall vor Abschluss des Bauvertrages beauftragt werden und die Ergebnisse sollten dort so berücksichtigt werden, dass der Vertragspreis sie mit ab­deckt. „Besonders hinsichtlich der Entsorgung oder Verwertung des anfallenden Aushubs ist Klarheit zu schaffen. Erdaushub kann verunreinigt sein, die Entsorgung mitunter schnell fünfstellige Beträge erreichen“, sagt Armin Veith. „Bei der Erkungung sollte zumindest eine ausgewählte Mischprobe auf gängige Schadstoffe untersucht werden, um die Kosten abschätzen zu könne“, ergänzt der Dipl.-Geologe. Ein unabhängiger Bauberater hilft dabei, sinnvolle Untersuchungen zu definieren und die Ergebnisse in die Vertragsunterlagen zu übertragen. Nur so weiß der angehende Hausbesitzer von vornherein, was eventuell an Zusatzkosten auf ihn zukommt.

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